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Die Katzen Neapels

Die gelbe Katze, brandrot gestreift, den Bart
Gesträubt, zum Fürchten, starrenden Nadeln gleich – 
Sie sauste aus dem Schlamm der Gosse
Her in den spiegelglänzenden Eßraum

Und schnappte von der üppigen Gabel sich
Die Hühnerbrust und zuckte, ein Blitz, davon:
Es klirrten auf dem Tisch die Flaschen,
Deren sie keine, nicht eine, umwarf

Geschmeidighöflich, wie es der Katzen Art.
Wer weiß, ein Kater war es vielleicht, kann sein
Die Kätzin, die sich treulich ihrer
Werdenden Kinder entsann, daß ja nicht

Der Hunger ihnen weh tät. Die Kater doch
sind anders, denken nicht ans Zukünftige,
Denn Kot in Gold verwandelt heut wie
Morgen das glühende Licht Neapels.

Die Hure, die am Nebentisch Muscheln aß,
Erhob ihr Glas und tranks dem Verehrer zu
Und seufzte durch geschminkte Lippen:
Jeder muß leben auf seine Weise! 

 
(Gedichte, Bd.4 Seite 244, 
List, München,1996)