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Georg Britting
Sämtliche Werke  - Prosa -
Herausgegeben von Walter Schmitz
Band 1 - Frühe Werke - Seite 49
                                                                                       siehe auch hier
Anfänge bei den
„Regensburger Neuen Nachrichten“

Anmerkungen
 
 Des Meeres und der Liebe Wellen
Trauerspiel in fünf Aufzügen von Franz Grillparzer

Es ist für die reife und abgeklärte Kunst Grillparzers bezeichnend, daß er weder für sich noch in seinen Werken eine Sturm- und Drang-Periode kennt. Er scheute den Kampf im Leben wie im Dichten. Er ist der Dichter der Ruhe, der beharrenden Gewalten, nie der treibenden Kräfte. Das höchste ist ihm die Wahrung aller Gesetze. Trotz dieser Scheu vor allen starken Umwälzungen fehlt es Grillparzer nicht an Leidenschaft. Aber ebenso groß wie seine Leidenschaft war seine Kraft der Selbstbeherrschung, die bis zur Selbstverleughung ging. Er weiß: über die Leidenschaftlichen siegen die Klugen und Verständigen. Die Liebe, die sich über alle Schranken hinwegsetzt, um zu ihrem Ziel zu gelangen, muß auch an der Nichtachtung alles außer ihr Liegenden zu Grunde gehen.
Hier hat Grillparzer uns sein Schönstes gegeben. In »Des Meeres und der Liebe Wellen« schenkte er der Deutschen Literatur ihre herrlichste Liebestragödie.
Die Hero und Leander-Sage ist wohl nie mehr so stimmungsvoll gestaltet worden, wie in diesem Werke, in dem deutlich zum Ausdruck kommt, wie innerlich die Dramatik Grillparzers ist. Sie beruht viel mehr in der Entwicklung des Empfindens als des Geschehens.

[1913